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Fünf Fragen an Dietrich Henckel

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»Stadt(entwicklungs)politik kann einen wichtigen Einfluss auf die Förderung oder Behinderung von nächtlichen Aktivitäten haben«

stadtnachacht im Interview mit Prof. Dr. Dietrich Henckel


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SNA: Assoziieren Sie den Begriff Nachtleben eher mit Kultur oder mit Ökonomie?

Henckel: Ich würde hier keine Trennung vornehmen, denn Nachtleben hat immer eine ökonomische Dimension (es gibt Anbieter und Nachfrager, es wird Geld umgesetzt und verdient) und die Entwicklung zeigt, dass (allerdings mit großen Unterschieden zwischen Städten) das Nachtleben auch ökonomisch an Bedeutung zugenommen hat. Nachtleben hat mit Kultur in einem sehr breiten Sinne zu tun, nicht nur im Sinne von Hochkultur und Unterhaltung, die am Abend oder der Nacht stattfinden, sondern auch mit der Bedeutung, die der Nacht als dem „anderen“ Raum zugeschrieben wird. Schlör hat in seinem Buch „Nacht in der großen Stadt“ sehr schön beschrieben, wie das Vergnügen einer der großen Treiber für die Eroberung der Stadtnacht gewesen ist (s. Literaturliste).


SNA: Die Attraktivität des Nachtlebens einer Großstadt wird oft als Urbanitätsfaktor schlechthin angesehen. Welche räumliche Dimension hat der Begriff Nachtleben für Sie?

Henckel: Viele Städte werben tatsächlich mit der Attraktivität ihres Nachtlebens. Berlin ist hierfür ein gutes Beispiel. In der Zeit der Teilung spielte das Fehlen einer Polizeistunde in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Auch Las Vegas ist ein wichtiges Beispiel in dieser Hinsicht.

Räumlich ist das Nachtleben sehr ungleich verteilt. Sowohl zwischen Städten (eher in Großstädten als in Kleinstädten – Ausnahme: bestimmte, auch kleine Touristenstädte) als auch innerhalb der Städte (Konzentration auf bestimmte – zuweilen wechselnde – Gebiete).


SNA: Welche Rolle spielen konkret Stadtplanung und Stadtentwicklung(-spolitik) im Themenfeld Stadt, Nachtleben und Nachtökonomie für Sie?

Henckel: Stadt(entwicklungs)politik kann einen wichtigen Einfluss ausüben in der Förderung oder Behinderung von nächtlichen Aktivitäten – durch die spezifische Ausweisung von Räumen, durch die Regulierung (Zeiten), durch die Behandlung von Konflikten (Störungen, Unverträglichkeiten). Auch die Bereitstellung von öffentlichem Nachtverkehr gehört in diesen Zusammenhang.


SNA:Welches sind vor Ihrem disziplinären Hintergrund die interessantesten Fragestellungen und Themen im Zusammenhang mit Stadt und Nachtleben?

Henckel: Folgende Themen scheinen mir u.a. sehr spannend:

»Entwicklung des Nachtlebens – quantitativ, im Städtevergleich, räumlich in den Städten

»Ökonomische Dimension der Nachtökonomie (das ist m.E. deutlich mehr als nur Nachtleben) – also etwas überspitzt: Tages- und Nacht-BIP – dazu kenne ich fast nichts

»Entwicklung der Verträglichkeitskonflikte in den Städten durch Ausweitung der Nachtökonomie

»Städtevergleich bezüglich der Nachtbeschäftigung (Umfang, Typ, Entwicklung)

»Entwicklung der Konflikte zu nächtlicher Aktivität und Beleuchtung

»Entwicklung der Konflikte zwischen nächtlicher Aktivität und Lärmbelastung

»Zyklen von Ausdehnung und Schrumpfung nächtlicher Aktivität, der Nachtökonomie und deren Ursachen

 

SNA: Welche Akteure sind in diesem Zusammenhang für Ihre Arbeit besonders wichtig, wo gibt es bereits Kooperationen und welche müssten evtl. noch verstärkt/aufgebaut werden?

Henckel: Die Frage hat zwei Dimensionen:

Welche Akteure sind für die Entwicklung der Nachtökonomie besonders wichtig: Unternehmen, regulatorische Instanzen auf unterschiedlichen Ebenen (Arbeitszeit, Wettbewerbsregeln, Störungsregeln, Flächenausweisungen etc.), Nachfrager

Forschungskooperationen (wiederum mehrere Dimensionen: die ich allgemein für wichtig halte, die mir wichtig sind): Forschungsmittelgeber (BMBF, Städte, etc.), Kooperationspartner (Raumzeitforscher im In- und Ausland, Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik), Untersuchungsobjekte (Städte, Akteure)

Im Zweifelsfall ist viel mehr denkbar.

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Prof. Dr. Dietrich Henckel ist Leiter des Fachgebiets Stadt- und Regionalökonomie am Institut für Stadt- und Regionalplanung (ISR) der TU Berlin. Schwerpunktthemen seiner Lehr- und Forschungsarbeit sind die raumzeitliche Betrachtung städtischer Strukturen, raumzeitliche Aspekte in der (Stadt-)Planung sowie kommunale Zeitpolitik. U.a. veröffentlichte er zusammen mit Matthias Eberling 2002 die Publikationen Raumzeitpolitik und Alles zu jeder Zeit? – Die Städte auf dem Weg zur kontinuierlichen Aktivität sowie als Mitherausgeber 2006 Time – Space – Places. Er ist Vorstandsmitglied der Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik.

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